Das neue, alte Gemeindearchiv.

Holzmehl, Staub, Schimmel, Unordnung – erste Erfahrungen als Gemeindearchivar in der Gemeinde Haundorf

Im Frühjahr des Jahres 2024 bestellte die Gemeinde Haundorf erstmalig einen ehrenamtlichen gemeindlichen Archivpfleger, wie dies für alle bayerischen politischen Gemeinden obligatorisch ist. Ich darf mich kurz vorstellen: Mein Name ist Dr. Daniel Schönwald, ich bin Historiker und arbeite als stellvertretender Leiter des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern mit Sitz in Nürnberg. Schon seit einigen Jahren engagiere ich mich zusammen mit einem Freund als Archivpfleger in der benachbarten Marktgemeinde Absberg, zu der mein Wohnort Kalbensteinberg gehört. Mit der Gemeinde Haundorf verbindet mich die Abstammung meines Vaters aus Eichenberg.

Die Haundorfer Archivalien lagern zum guten Teil in extra dafür hergerichteten Räumlichkeiten im ersten Stock des „Gemeindehauses“, dem früheren Obererlbacher Schulhaus. Dort sind insbesondere die Unterlagen der ehemaligen Gemeinden Haundorf, Eichenberg und Gräfensteinberg zu finden. Ein weiterer Teil lagert derzeit noch schräg über die Hauptstraße hinüber in einem weiteren kleinen gemeindlichen Gebäude, dort im ersten Stock, der über eine kleine Leiter zugänglich ist. Hier handelt es sich ausschließlich um Unterlagen der ehemaligen Gemeinde Obererlbach, die dort vor einigen Jahren schon liebevoll vorgeordnet wurden. Leider ist das Gebäude in keinem guten baulichen Zustand.

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Die Unterlagen im „Gemeindehaus“, darunter auch alle neueren Akten seit der Phase der Eingemeindungen in den 1970er Jahren – soweit sie nicht in der Verwaltungsgemeinschaft Gunzenhausen aufbewahrt werden –, sind, so sagen wir einmal: einigermaßen verunordnet.


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Das erste Ziel war die Sichtung, welche Amtsbücher, Akten und Rechnungsbände der vier früheren Gebietskörperschaften überhaupt überliefert sind. Der erste Eindruck: Von Haundorf selbst ist jenseits ein paar weniger Aktenfragmente fast gar nichts aus dem 19. Jahrhundert da, erst in den 1920er Jahren wird die Überlieferung dichter, für Eichenberg nur ganz einzelne Schriftstücke aus dem 19. Jahrhundert, aber auch nicht wirklich viel, für Gräfensteinberg eine ganz ordentliche Menge an Amtsbüchern, Aktenteilen und auch gemeindlichen Jahresrechnungen des 19. Jahrhunderts.


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Für Obererlbach scheint die Überlieferung an Rechnungsschriftgut des 19. Jahrhunderts ziemlich vollständig. Aus den neueren Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg sind für alle vier früheren Gemeinden beispielsweise die Jahresrechnungen mit sämtlichen Belegen und zum Teil sogar Durchschlägen der Quittungsblöcke recht vollständig erhalten. Regelrechte Akten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert liegen aus allen vier Altgemeinden nur ganz wenige vor – vielleicht hatten die Ortsvorsteher der dörflichen Gemeinden im 19. Jahrhundert weniger Sinn für eine geordnete Aktenführung. Bei der Amtsübergabe an den jeweiligen Nachfolger werden oft auch nicht alle Unterlagen weitergereicht worden sein, zumal es ja nirgends ein festes „Rathaus“ und damit Platz für die dauerhafte Aufbewahrung der gemeindlichen Papiere gab. Tja, und auch aus den Nachkriegsjahrzehnten ist so mancher Stoß mit ungeordneten Papieren überliefert.


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Leider waren gerade die älteren Jahresrechnungen des 19. Jahrhunderts für die drei Gemeinden außer Obererlbach offenbar längere Zeit zu feucht gelagert, sodass nicht unerheblicher Schimmel entstanden ist. Die Reinigung der Schimmel-Akten war daher eine erste Maßnahme. Künftig sollte versucht werden, die Temperatur- und Feuchtewerte in den Räumlichkeiten einigermaßen konstant zu halten (winters wie sommers 15-20° Celsius, 35-55% relative Luftfeuchte), um weiterer Schimmelbildung vorzubeugen. Dazu kommt eine angemessene Verpackung, die bereits eingekauft werden konnte.

Die Ordnung und Verzeichnung (also Erschließung: Um was geht es in einem Akt? Von wann ist er? Was sind auffällige Inhalte?) sowie auch die „Umbettung“ (also ordnungsgemäße Verpackung in Papp-Aktendeckeln statt der alten Ordner, dazu auch die Entfernung sämtlicher Metallteile – der Fachmann sagt dazu „enteisen“) wird sicher längere Zeit in Anspruch nehmen. Auch die Verbringung der Obererlbacher Unterlagen in die neuen Räumlichkeiten jenseits der Hauptstraße steht an. Übrigens werden bei dieser Gelegenheit sicherlich auch einige Papiertonnen gefüllt werden können: Die alten Amtsblätter beispielsweise (etwa das Reichsgesetzblatt) werden, da längst digital in den Bibliotheken verfügbar sowie als Massenware nicht „archivwürdig“, auf jeden Fall „kassiert“ werden, also der Altpapierverwertung zugeführt – es sei denn, es hätte jemand privates Interesse daran, dann bitte gerne melden (kostenlose Selbstabholung)! Auch die Vielzahl an Rechnungsbelegen der Nachkriegsjahrzehnte wird kassiert werden. So sehen es die Bewertungsrichtlinien der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns vor, die die ehemalige Kreisarchivpflegerin Siglinde Buchner aus Weißenburg zur Verfügung gestellt hat.

Das Ziel ist, ein sauber verpacktes, gut gelagertes und ordentlich verzeichnetes Gemeindearchiv (die vier Ortsteilarchive sowie das Material der neuen Großgemeinde) zu haben, das mit einer guten Erschließung der Akten auch für historische Forschungen genutzt werden kann. Daran arbeiten wir… Hierbei würde sich der Gemeindearchivar über helfende Hände sehr freuen. Historisch interessierte Personen, die bereit sind, sich in die alten handschriftlichen Amtsbücher und Akten einzulesen, und dabei auch die eine oder andere historisch interessante Begebenheit erfahren können, sind dankbar willkommen – Kontakt: Daniel.Schoenwald@web.de.

 

Dr. Daniel Schönwald