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Junge Leute fürs Handwerk begeistert!

Gräfensteinberg- Junge Leute fürs Handwerk zu begeistern, das hat sich Richard Betz ganz groß auf die Fahnen geschrieben. Mit dieser Mission tourt der Zimmerer seit Jahren durch die Schulen Bayerns und machte jetzt in Gräfensteinberg Station. Dort präsentierte er den Schülern der Mittelschule Absberg-Haundorf und der Stephani-Schule Gunzenhausen sein eindrucksvolles Theaterstück „Hand und Werk – oder wie finde ich meinen eigenen Weg im Leben“.

Das nämlich ist gar nicht so einfach, wie der inzwischen 66-Jährige, der im Auftrag des Landesinnungsverbands des bayerischen Zimmererhandwerks unterwegs ist, aus eigener Erfahrung weiß. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Ochsenfurt war eigentlich klar, dass er als ältester Sohn einmal den elterlichen Hof übernimmt. „Aber ich wollte nicht, ich wollte kein Bauer werden“, erklärte er den jungen Zuhörern. Was er stattdessen werden möchte, habe er jedoch auch nicht gewusst, und so drückte er erst einmal weiter die Schulbank bis zum Fachabitur. „Plötzlich war ich 18 Jahre alt und wusste nur ganz genau, was ich nicht werden wollte. Jeden Tag wuchs der Druck, von außen und von innen. Das hat sich nicht gut angefühlt!“

Der Zivildienst gewährte ihm ein weiteres Jahr Aufschub, einen nennenswerten Plan hatte er danach aber auch nicht. Kurzerhand schrieb er sich an der Uni für ein Architektenstudium ein, und weil er nicht richtig glücklich damit wurde, ging er für zwei Jahre ins Ausland. „Da wurde mir auf einmal klar: Ich brauche eine Heimat, ein Zuhause!“ Zurück in Deutschland kaufte er sich ein altes, halb verfallenes Haus und schloss sein Studium ab. Und schließlich tat er das, was er heute als die beste Entscheidung seines Lebens bezeichnet: Er begann ein Praktikum in einer Zimmerei – und „am 3. Tag unterschrieb ich den Lehrvertrag“. Seither vergehe kein Tag, an dem er nicht mit Freude in seinem kleinen Betrieb arbeite, erzählt er so authentisch und ehrlich, dass man als Zuhörer keinen Zweifel hat: Für ihn ist es wichtig, jeden Abend zu sehen, „was ich gebaut habe“. Geld dagegen sei ihm nie wichtig gewesen, und er habe festgestellt: „wenn man etwas mit ganzem Herzen macht, kommt das Geld von selber“. Überhaupt räumte Richard Betz gründlich mit so manchem Vorurteil gegenüber Handwerkern auf: Zum einen brauche man sich wegen des Verdienstes hinter keinem Akademiker verstecken: „Mit dem Gesellenbrief in der Tasche war ich ein gemachter Mann mit unfassbar vielen Möglichkeiten!“ Zum anderen trinke man keineswegs morgens schon das erste Bier, und es sei bei Weitem nicht uncool, ein Handwerker zu sein. Im Gegenteil: „Die Kunden freuen sich, wenn wir kommen und sind glücklich, wenn wir fertig sind. Zudem geht uns die Arbeit nie aus, und irgendjemand muss die dringend notwendige klimaneutrale Welt ja erbauen. Und das geht nicht ohne Holz.“

Zwischen seinem Vortrag flogen immer wieder die Späne durch die Turnhalle und die Motorsäge ertönte: Wie nebenbei errichtete der Zimmerer eine sogenannte Leonardo-Brücke. Die Konstruktion kommt komplett ohne Schrauben und Nägel aus und demonstriert eindrucksvoll, dass man nicht von ungefähr von Handwerkskunst spricht. Einige Schüler testeten denn auch gleich die Stabilität der Brücke und durften sich selbst am Aufbau versuchen. Und sie hatten viele Fragen an den erfahrenen Schauspieler und Zimmerer, die zeigten, dass seine Botschaft angekommen ist: „Habt Mut, Dinge auszuprobieren. Es gibt keine falschen Entscheidungen. Traut euch!“                   TINA ELLINGER